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Die Vorsorge­voll­macht

Dabei das Risiko eines Vollmachtsmissbrauchs minimieren!

Bei einer Vorsorgevollmacht geht es im Wesentlichen darum, ein möglicherweise dereinst erforderlich werdendes gerichtliches Betreuungsverfahren und die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden. Denn in der Vollmacht bestimmen Sie eine Person, die für Sie wirksame Entscheidungen treffen kann und Sie rechtsgeschäftlich vertritt.
Mit der Vorsorgevollmacht verfolgen immer mehr Menschen also das Ziel, für Notfälle oder den Fall einer zukünftigen Geschäftsunfähigkeit infolge Alters oder schwerer Krankheit einer anderen Person die Vertretungsmacht zu verleihen, für sie und in Ihrem Namen, und damit mit Wirkung für (aber auch gegen sie!), Rechtsgeschäfte tätigen zu können (je nach Ausgestaltung ggf. auch mit sich selbst).

Konto- und Vor­sor­ge­voll­mach­ten sind bei Hil­fe­be­dürf­tig­keit wichtig.
Sie laden aber auch zu Missbrauch und Selbstbedienung ein!

Das sollten Sie zur Vorsorgevollmacht wissen:

Wie erteile ich eine Vorsorgevollmacht?

Vollmachten bedürfen grundsätzlich keiner Form, können also auch mündlich erteilt werden.
Zu Beweiszwecken empfiehlt es sich jedoch dringend, die Vorsorgevollmacht schriftlich zu erteilen, d.h. sie sollte Ihre Unterschrift enthalten.

Soll jedoch der Bevollmächtigte in ärztliche Maßnahmen oder eine Unterbringung einwilligen können, muss die Vollmacht schriftlich erteilt werden (§ 1820 Abs. 2 BGB n.F).

Sie können die Vollmacht defensiv als bedingte oder beschränkte Vollmachten erteilen, aber auch offensiv als absolut unbeschränkte Generalvollmacht.

Muss ich meine Vorsorgevollmacht notariell beglaubigen lassen?

Grundsätzlich NEIN!
Soll jedoch der Bevollmächtigte auch Immobiliengeschäfte oder bestimmte handels- oder gesellschaftsrechtliche Rechtsgeschäfte ausführen können, müssen Sie die Vorsorgevollmacht zumindest notariell beglaubigen lassen.
Wenn der Bevollmächtigte sogar in der Lage sein soll, für Sie Verbraucherkreditverträge abzuschließen, muss die Vorsorgevollmacht notariell beurkundet sein.

Experten-Hinweis von Fachanwalt für Erbrecht Ingo Lahn:
Kaum bekannt ist, dass auch Betreuungsbehörden Vorsorgevollmachten „öffentlich beglaubigen“ dürfen. Bis zum 31.12.22 stand die Beglaubigung der Betreuungsbehörde einer Beglaubigung durch einen Notar vollkommen gleich, so dass auch eine transmortale Vollmacht (also eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht) den Anforderungen des § 29 GBO für Grundbucherklärungen genügte (so BGH, Beschl. v. 12.11.20, V ZB 148/19).
Seit dem 01.01.23 endet die Wirkung der Beglaubigung der Betreuungsbehörde aber mit dem Tod des Vollmachtgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 BtOG n.F.) – ein weiteres „Glanzstück“ des Reformgesetzgebers… Soll die Vollmacht auch postmortal Wirkung entfalten, müssen Sie jetzt wieder zum Notar!

Gilt eine Vorsorge­voll­macht unbe­schränkt?

Wesensmerkmal der Vorsorgevollmacht ist, dass diese (ebenso wie eine Patientenverfügung) nur für den Fall der Einwilligungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit zum Tragen kommen soll.
Daher sind viele Vorsorgevollmachten im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem (also im Rahmen des „rechtlichen Dürfens“) vielfach beschränkt oder unter Bedingungen gestellt.

Im Außenverhältnis zu Dritten (z.B. Geschäftspartnern, Ärzten, Behörden) sind in der Praxis die meisten Vorsorgevollmachten jedoch (im Rahmen des „rechtlichen Könnens“) uneingeschränkt ausgestaltet.
Dies macht auch grundsätzlich Sinn, damit gewährleistet ist, dass ein Dritter, dem gegenüber ein Geschäft vorzunehmen ist, nicht erst prüfen muss, ob die Bedingung für den Gebrauch der Vollmacht auch tatsächlich eingetreten ist (was er meist nicht kann), und es so nicht zu nachteiligen Zeit- und Reibungsverlusten kommt.

Allerdings birgt dies nicht unerhebliche Gefahren (s.u.)!

Lassen Sie Ihre Vorsorgevollmacht registrieren!

Vorsorgevollmachten können bundesweit beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (kostenpflichtig) registriert werden, damit die Vorsorgeurkunde auch gefunden wird, wenn und sobald es auf sie ankommt.

Warnung vor Voll­machts­miss­brauch und Erb­schlei­che­rei

Ist die Vorsorgevollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt, kann der Bevollmächtigte sofort vollwirksam Ihre Geschäfte führen, i.d.R. auch mit sich selbst!

Daher Achtung:  In der Praxis sind leider immer wieder – und gefühlt immer häufiger – Fälle von grobem Vollmachtsmissbrauch zu beobachten, die zu Streit und sehr unschönen Gerichtsverfahren führen…
Auch ist eine Vorsorgevollmacht oft der Schlüssel zur Erbschleicherei!

Mit einer Vorsorgevollmacht kann der Bevollmächtigte das gesamte Vermögen des Vollmachtgebers verwalten, es vernichten oder auf sich übertragen, Konten plündern, Vermögenswerte versilbern.

Es ist heutzutage viel zu einfach, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen oder jemandem unterzuschieben.
Denn es reicht eine simple Unterschrift auf einem Blatt Papier, um sein Vermögen oder „sein Leben“ aus der Hand zu geben.

„Vorsorgevollmachten sind nie sicher. Ein möglicher Missbrauch ist nicht zu verhindern und er trifft nicht nur das Vermögen. Die Gesundheit, der soziale Kontakt, die persönliche Freiheit, das Lebensumfeld, die Würde – alles kann damit behütet, aber eben auch mit den Füßen getreten werden.“ (Annett Mau, Kriminalhauptkommissarin, Berlin, Missbrauch von Vorsorgevollmachten – ein verdrängtes Problem, ZErb 2023, 1, 9)

Häufige Opfer: Vermögende, ältere Menschen

Immer wieder sind die stereotypen Fälle zu beobachten, in denen Vollmachtgeber – meist vermögende ältere und alleinstehende oder kranke Menschen -, die sich in einer verletzlichen Lebensphase befinden und damit besonders anfällig sind, kraft einer erteilten Vorsorgevollmacht von ihren Angehörigen isoliert und mit fadenscheinigen Argumenten, Unwahrheiten, Drohungen oder sonstigem Druck in die finanzielle, psychische oder emotionale Abhängigkeit des Bevollmächtigten „getrieben“ werden, um sich so am Vermögen des Vollmachtgebers zu bereichern oder sich letztlich gar als Erbe oder Vermächtnisnehmer einsetzen zu lassen.

Für die Angehörigen oder späteren Erben besteht dann kaum eine rechtliche Handhabe, gegen solches Gebaren vorzugehen. Denn in den meisten Fällen ist der ältere Vollmachtgeber bei Erteilung der Vollmacht zwar in seiner Willensbildung erheblich manipulierbar, aber noch nicht geschäftsunfähig.

Erstaunlicherweise sieht die Politik keinen Handlungsbedarf, ältere Menschen in dem großen Graubereich zwischen Abhängigkeit und Geschäftsunfähigkeit zu schützen.
Einen Tatbestand der „undue influence“ (unanständige Einflussnahme), wie in den USA, gibt es in Deutschland leider nicht!

Eine echte Alternative kann hier die sog. Betreuungsverfügung sein!

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Eine Vorsorgevollmacht setzt – wie jede andere Vollmacht auch – ein uneingeschränktes und unbedingtes persönliches Vertrauen zum Bevollmächtigten voraus. Sie sollten Vollmachten nicht leichtfertig erteilen!

Wollen Sie den Bevollmächtigten überwachen lassen, können Sie zusätzlich einen Kontrollbevollmächtigten ernennen. Zum Kontrollbetreuer s. §§ 1815 Abs. 3, 1820 Abs. 3 BGB n.F.; zur Suspendierungsmöglichkeit der Vorsorgevollmacht s. § 1820 Abs. 4 BGB n.F.

Keinesfalls sollten Sie aber mehrere gleichberechtigte Bevollmächtigte einsetzen, nur weil Sie nicht den Eindruck erwecken wollen, eines Ihrer Kinder vermeintlich zu benachteiligen oder einem von ihnen eine höhere Wertschätzung entgegenzubringen.
Denn wenn die Bevollmächtigen sich über bestimmte Maßnahmen nicht einig sind, provozieren Sie gerade mit einer solchen „Regelung“ ungewollt Rechtsunsicherheit, Unfrieden, Stillstand und letztlich ein wahres Chaos, was Sie ja eigentlich vermeiden wollten.

Wichtig: Bestimmen Sie zudem Ersatzbevollmächtigte für den Fall, dass ein zunächst vorgesehener Bevollmächtigter die Aufgabe nicht (mehr) ausüben kann oder will.

Fachanwalt für Erbrecht - Ingo Lahn | Vorsorgevollmacht

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