Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 26.05.21 (IV ZR 174/20) zwei für den Erbrechtspraktiker wichtige Fragen zu den Kosten der Grabpflege geklärt:
Amtliche Leitsätze, BGH vom 26.05.21, IV ZR 174/20:
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Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1968 BGB.
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Eine in einer letztwilligen Verfügung enthaltene Auflage des Erblassers an die Erben zur Grabpflege führt nicht zu einer Kürzung eines Pflichtteilsanspruchs.
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(zu § 2305 BGB)
Die wesentlichen Entscheidungsgründe:
1. Zunächst stellt der BGH fest, dass Grabpflegekosten keine Beerdigungskosten i.S.d. § 1968 BGB darstellen. Hierzu zählten lediglich die Kosten für den Bestattungsakt selbst, der seinen Abschluss mit der Errichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte fände. Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals zählten nicht mehr zu den Kosten der Beerdigung, denn sie entsprüngen keiner rechtlichen, sondern allenfalls einer sittlichen Verpflichtung des Erben.
Auch eine möglicherweise bestehende öffentlich-rechtliche Pflicht von Erben oder Angehörigen zur Grabpflege sei unabhängig von der rein zivilrechtlichen Frage des Bestehens einer Nachlassverbindlichkeit zu beurteilen. Instandhaltungspflichten nach Friedhofssatzungen träfen den Grabnutzungsberechtigten oder Totenfürsorgeberechtigten, der nicht zwingend personenidentisch mit dem Erben sein müsse.
2. Hat der Erblasser in seinem Testament aber eine Bestimmung hinsichtlich Art und Umfang der nach seinem Tod durchzuführenden Grabpflege getroffen, könne dies als Auflage gem. §§ 1940, 2192 BGB oder – je nach Ausgestaltung – als Zweckvermächtnis gem. §§ 1939, 2156 BGB anzusehen sein. Wie sich aus § 1967 Abs. 2 BGB ergäbe, stellten die Grabpflegekosten dann eine Nachlassverbindlichkeit in Form einer Erbfallschuld dar.
Gleichwohl könnten sie einem Pflichtteilsberechtigten nicht nachlassmindernd entgegengehalten werden, denn der Pflichtteilsanspruch sei nach einhelliger Auffassung gegenüber Vermächtnissen und Auflagen vorrangig (vgl. § 1991 Abs. 4 BGB, § 327 Abs. 1 InsO; so auch OLG Düsseldorf ZErb 2018, 104).
Anmerkung von Fachanwalt für Erbrecht Ingo Lahn, Hilden:
Pflichtteilsrecht kann so simpel sein…:
Grabpflegekosten wirken sich auf den Pflichtteil nicht aus. Sie sind keine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 1968 BGB und deshalb in der Nachlassbilanz nicht zu passivieren.
Auch wenn die Grabpflege wegen einer Friedhofssatzung öffentlich-rechtlich verpflichtend ist, hat dies keine Relevanz, da es nur auf eine zivilrechtliche Verpflichtung ankommt.
Selbst wenn der Erblasser in seiner Verfügung die Grabpflege angeordnet hat, mindert dies den Pflichtteil nicht, da der Pflichtteil stets Vorrang vor Vermächtnissen und Auflagen hat.
Wenn der Erblasser seine Grabpflege sicherstellen und gleichzeitig den Pflichtteil vermindern möchte, sollte er lebzeitig einen (Treuhand-) Grabpflegevertrag abschließen und so eine Nachlassverbindlichkeit in Form einer Erblasserschuld begründen.